Um den zunehmenden Patientenzahlen und der erhöhten Arbeitsbelastung in den Notfallambulanzen in den Krankenhäusern besser gerecht zu werden, verfolgt die Politik eine Reform der Notfallversorgung in Deutschland. Neben bundesweit gültigen Vorgaben zur stationären Notfallversorgung steht insbesondere eine Integration der ambulanten und stationären Notfallversorgung im Zentrum aller Reformen. Unsere Krankenhäuser haben bereits frühzeitig in enger Kooperation mit niedergelassenen Ärzten und Kassenärztlichen Vereinigungen zukunftsfähige Modelle und Konzepte entwickelt, um den künftigen Herausforderungen einer fachgerechten und patientenorientierten Behandlung noch besser gerecht zu werden. Im Folgenden stellen wir Ihnen einige Konzepte und Modelle aus unserem Verbund vor.

Diagramm rechts: Aufnahmeanlass Stationär: Notfallzunahmen in den Krankenhäusern der Franziskus Stiftung

Münster eröffnet Notfalldienstpraxis am St. Franziskus-Hospital

Seit Juni 2019 finden Patienten mit dringlichen Beschwerden außerhalb der Öffnungszeiten niedergelassener Praxen eine neue Anlaufstelle am St. Franziskus-Hospital Münster. Die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) betreibt dort unmittelbar im großzügigen Eingangsbereich des Hospitals eine Notfalldienstpraxis in Form eines gemeinsamen Tresens mit der Notaufnahme des Krankenhauses.
„Gemeinsam mit dem St. Franziskus-Hospital ist es uns gelungen, nicht nur eine zweite allgemeinmedizinische Notfalldienstpraxis, sondern auch eine weitere Portalpraxis in Münster einzurichten. Für die Patienten bedeutet dies, dass der ärztliche Bereitschaftsdienst und die Klinik-Notaufnahme künftig an einem gemeinsamen Empfang vereint sind“, erläutert Dr. med. Hendrik Oen, Leiter der KVWL-Bezirksstelle Münster. „Ziel ist es, die Patienten – je nach Dringlichkeit ihrer Beschwerden – in das für sie zuständige Versorgungsangebot zu lenken und die Notfallversorgung auf diese Weise weiter zu verbessern“. Während somit akute Notfälle unmittelbar an die Notaufnahme des Krankenhauses weitergeleitet werden, versorgt der Notfalldienst der niedergelassenen Ärzte Patienten mit weniger bedrohlichen Beschwerden in der Notfalldienstpraxis.
Das Krankenhaus stellt die für dieses Konzept neu gebauten Räume für die Notfallpraxis zur Verfügung und ermöglicht Ärzten in der Praxis die Nutzung der Krankenhausinfrastruktur wie Labor oder Röntgen. Neben den Patienten profitieren von der neuen gemeinsamen Portalpraxis auch die niedergelassenen Ärzte und die Krankenhausärzte, die sich am gemeinsamen Tresen direkt miteinander austauschen können. Patienten müssen im Ernstfall nicht mehr lange suchen, welcher Arzt Dienst hat und wo sich dessen Praxis befindet. Darüber hinaus wird die Notfallaufnahme des Hospitals von Fällen entlastet, die ambulant behandelt werden können und sollen. „In unserer Notaufnahme sind Ärzte und Pflegende natürlich auch weiterhin rund um die Uhr im Einsatz. Die Reihenfolge der Behandlung unserer Notfallpatienten richtet sich ausschließlich nach der Art und dem Schweregrad der Symptome sowie der notfallmedizinischen Behandlungsdringlichkeit“, so Dr. Stephan Braune, Chefarzt der Klinik für Internistische Intensivmedizin und Notaufnahme.

Krankenhaus St. Joseph-Stift und kassenärztliche Vereinigung Bremen richten „Gemeinsamen Tresen“ ein

Mit der Etablierung eines „gemeinsamen Tresens“ im August 2019 als erste Anlaufstelle für Notfallpatienten ist es auch in Bremen in einem gemeinsamen Projekt des Krankenhauses St. Joseph-Stift und der Kassenärztlichen Vereinigung Bremen (KV) gelungen, Strukturen für ein Integriertes Notfallzentrum (INZ) zu schaffen. Damit übernehmen sie eine Vorreiterrolle in der Region und bauen ihre intensive Kooperation bei der Versorgung von Akut- und Notfallpatienten weiter aus. Der „gemeinsame Tresen“ in zentraler Lage in Bremen ist für Patienten gut und schnell zu erreichen und eng in die Strukturen des Krankenhauses eingebunden. Durch geschultes Fachpersonal wird anhand eines erprobten Ersteinschätzungsverfahrens (SmED, Strukturiertes medizinisches Ersteinschätzungsverfahren für Deutschland) zunächst die Dringlichkeit der Behandlung ermittelt. Auch in Bremen werden je nach Schwere der Erkrankung die Patienten dann rasch in die angemessene Versorgungsebene gelenkt. Neben dem Ärztlichen Bereitschaftsdienst der KV steht auch hier das gesamte Zentrum für Notfall- und Akutmedizin des Krankenhauses unmittelbar zur Verfügung.

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Ahlener Notfallpraxis mit neuen Räumlichkeiten in der Notfallambulanz des St.Fraziskus-Hospitals

Kurze Wege, zeitnahe und beschwerdebezogene ärztliche Betreuung, weniger Wartezeiten, gute Zusammenarbeit zwischen den Krankenhaus- und Hausärzten der Notfallpraxis – auch im St. Franziskus-Hospital Ahlen waren diese Vorteile Ausgangspunkt der Neukonzeption von Notfallpraxis und Ambulanz. Seit Februar 2019 werden auch an diesem Standort der Franziskus Stiftung Notfallpatienten in enger Zusammenarbeit der Mitarbeiter der Krankenhausambulanz des St. Franziskus-Hospitals und der hausärztlichen Notfallpraxis empfangen, medizinisch untersucht und unmittelbar an den primär zuständigen Arzt weitergeleitet. Der mit „Notfall“ gekennzeichnete Eingang steht jetzt auch den Patienten der Notfallpraxis zur Verfügung. Die Krankenhaus- und Hausärzte sind mit dem Ergebnis sehr zufrieden.

Bild rechts: Dr. Alexander Berger, Bürgermeister der Stadt Ahlen.

Strukturiertes medizinisches Ersteinschätzungsverfahren für Deutschland (SMED)

In Klinik-Notaufnahmen in Deutschland befinden sich zu einem erheblichen Teil Patienten, die oft keiner Notfallmedizin bedürfen, häufig zum Nachteil von Patienten, die wirkliche „Notfälle“ darstellen. Um den Notfällen besser gerecht zu werden, ist ein sogenanntes Ersteinschätzungsverfahren entwickelt worden, das seit Januar 2019 bereits in Bremen erprobt wird. Der Ärztliche Bereitschaftsdienst Bremen-Stadt im Krankenhaus St. Joseph-Stift ist deutschlandweit die erste Einrich-tung, die nach diesem Verfahren im Rahmen eines Pilotprojektes arbeitet. Kern des Strukturierten medizinischen Ersteinschätzungsverfahrens für Deutschland (SmED) ist eine Software, die speziell geschultes Fachpersonal in den Telefonzentralen und an den Tresen mit digitalen Fragebögen, direkter Auswertung und entsprechenden Handlungsvorschlägen unterstützt. So lassen sich Symptome, Krankheitsbilder, Vorerkrankungen und Risikofaktoren systematisch abfragen, um schnell und verlässlich einschätzen zu können, wie dringlich die Behandlung ist und wo der Patient am besten aufgehoben ist. SmED liefert eine Empfehlung zur Dringlichkeit und zur angemessenen Behandlung als Entscheidungshilfe. Eine Diagnose wird hier bewusst nicht gestellt. Dies bleibt weiterhin einer ärztlichen Untersuchung vorbehalten.

St. Irmgards-Krankenhaus Süchteln eröffnet neue Zentrale Notaufnahme

Nach einem knappen Jahr Bauzeit sind bereits im Dezember 2018 bisher getrennte Bereiche für chirurgische und internistische Patienten im St. Irmgardis-Krankenhaus Süchteln in einer Zentralen Notaufnahme (ZNA) zusammengeführt worden. „Die Einführung einer gemeinsamen Aufnahme beider Kliniken verbessert die Abläufe für die Patienten, aber auch für den Rettungsdienst,“ erläutert Geschäftsführer Dr. Conrad Middendorf. Durch die Einbeziehung aller Beteiligten in die Bauplanung war sichergestellt, dass die Arbeits- und Versorgungsprozesse in dem neuen Bereich optimal umgesetzt werden konnten. „Die Interdisziplinarität unseres Teams ist eine unserer Stärken“, erläutert Dr. Jessica Görgens, Ärztliche Leiterin der Zentralen Notaufnahme. „Denn bei uns kümmern sich erfahrene Notfallmediziner, Chirurgen, Internisten, Anästhesisten, speziell ausgebildete Notfall-Pflegekräfte sowie Medizinische Fachangestellte gemeinsam um den Patienten.“ Für Patienten bietet die gemeinsame Notaufnahme einen großen Vorteil: Durch kurze Wege im neugebauten Bereich sind die Funktionsbereiche von EKG, Röntgen, Endoskopie und Operationssaal schnell erreichbar. Die neue Zentrale Notaufnahme bietet zudem dem Rettungsdienst der Feuerwehr Viersen sowie den Patienten bei der überdachten Liegendanfahrt bessere Bedingungen. „Die ZNA ist eine Nahtstelle des Krankenhauses geworden“, so Pflegeleiter Georg Zahn.

KRANKENHAUSZENTRALE NOTAUFNAHMEEINSTUFUNG NACH G-BA ANFORDERUNGEN GESTUFTE NOTFALLVERSORGUNG
St. Joseph-Stift BremenJaBasis-Notfallversorgung
Maria-Josef-Hospital GrevenJaBasis-Notfallversorgung
St. Franziskus-Hospital MünsterJaErweiterte Notfallversorgung + Modul Kindernotfallversorgung
Herz-Jesu-Krankenhaus HiltrupJaBasis-Notfallversorgung
St. Marien-Hospital LüdinghausenJaBasis-Notfallversorgung
St. Franziskus-Hospital AhlenJaBasis-Notfallversorgung + Modul Kindernotfallversorgung
St. Elisabeth-Hospital BeckumJaBasis-Notfallversorgung
St. Barbara-Klinik HammJaErweiterte Notfallversorgung
Elisabeth Krankenhaus RecklinghausenJaErweiterte Notfallversorgung
St. Bernhard-Hospital Kamp-LintfortJaErweiterte Notfallversorgung
St. Irmgardis-Krankenhaus SüchtelnJaBasis-Notfallversorgung

Wesentliche Kernelemente der Notfallversorgung

ANFORDERUNGENBASISNOTFALLVERSORGUNGERWEITERTE NOTFALLVERSORGUNG
Räumlich abgegrenzte Zentrale Notaufnahme (ZNA) vorhanden mit notwendiger Ausstattung (u.a. Schockraum, CT)JaJa
Umfassende Notfalldiagnostik und -therapie (Endoskopie, Koronarangiographie und -intervention, MRT, Schlaganfalltherapie)NeinJa
Intensivstationmin. 6 Bettenmin. 10 Betten
Beobachtungsbetten in der ZNA6 Betten
BarrierefreiheitJaJa
Hubschrauberlandeplatz (soweit keine Einschränkung durch das Luftverkehrsrecht besteht)Weiterverlegung mit dem Hubschrauber möglich1
Fachabteilungen/-bereichemin. Anästhesie, Chirurgie und Innere Medizinmin. Anästhesie, Chirurgie und Innere Medizin sowie mindestens 4 weitere für die Notfallversorgung relevante Fachabteilungen/-bereiche
24/7 besetzte ZNA (Ärzte und Pflege)JaJa
Ärztliche und pflegerische Leitung vorhandenJaJa
Regelmäßige Fortbildung des PersonalsJaJa
Strukturierte Ersteinschätzung (Triage)JaJa
Strukturierte DokumentationJaJa